Es wird geschätzt,
dass das Restless Legs Syndrom (RLS) zu den häufigen Erkrankungen
der Bevölkerung zählt und ungefähr 2-5% der Bevölkerung
mit unterschiedlichem Schweregrad betrifft. Wer an einem RLS (Krankheitsbeschwerden
der unruhigen Beine) leidet, empfindet seine Beschwerden oft als so seltsam,
dass er sie seinem Arzt oder auch seinen Angehörigen gar nicht schildern
möchte.
Typischerweise treten
in Ruhe oder Entspannungssituationen, meist auch beim Versuch, einzuschlafen
oder während der Nacht, äußerst unangenehme Empfindungen
in den Beinen ein- oder beidseitig auf. Meistens beginnen die Beschwerden
im Wadenbereich, können aber auch im Knie lokalisiert sein oder den
Oberschenkel mit einbeziehen und manchmal abwechselnd das linke oder rechte
Bein betreffen. Die Patienten beschreiben die Beschwerden als Stechen
oder Ziehen, aber auch als Kribbeln, Reißen, Jucken oder auch als
Schmerzen. Diese Missempfindungen gehen mit einem Bewegungsdrang der Beine
einher. Deswegen sind die Patienten gezwungen, die Beine zu bewegen, am
besten aufzustehen oder Gymnastik zu machen.
Manche Patienten verspüren auch das Bedürfnis, die Beine kalt
oder warm zu duschen, um sich Erleichterung zu verschaffen. Andere reiben,
massieren, bürsten, erwärmen die Beine oder laufen im Schnee.
Diese so genannten Hausmittel der Betroffenen kommen meist
nachts zur Anwendung, um das extrem unangenehme Gefühl in den Beinen
zu lindern oder zum Verschwinden zu bringen. Manche Patienten bemerken
auch, dass nach einiger Zeit kleine Muskelzuckungen an den Beinen auftreten,
die zu kurzen Beinbewegungen führen können und von den Patienten
nicht zu steuern, d.h. unwillkürlich sind. Diese Muskelzuckungen
oder Krämpfe können ebenso durch Umhergehen wieder verschwinden.
Die unangenehmen Beschwerden können zu Einschlaf- und Durchschlafstörungen
führen, weil die Beschwerden an den Beinen meist im Liegen auftreten
und die Patienten bis zu Stunden am Einschlafen hindern. Manche Patienten
schlafen nur bei kühler Temperatur, z.B. ohne Bettdecke, andere wiederum
können nur bei Wärme einschlafen, z.B. mit Wollsocken. Es gibt
auch Betroffene, die ganze Nächte umherwandern, um sich Erleichterung
zu verschaffen.
Inzwischen ist bekannt, dass die Beschwerden des RLS der biologischen
Uhr, dem so genannten Zeitgeber oder zirkadianen Rhythmus folgen. Die
Beschwerden nehmen üblicherweise ab dem späten Nachmittag zu
und erreichen ein Maximum zwischen Mitternacht und 2 Uhr morgens. Gegen
Morgen ist im Allgemeinen ein besserer Schlaf möglich, deswegen sollten
RLS-Patienten z.B. am Wochenende möglichst länger in den Vormittag
hinein schlafen. Erst mit zunehmender Schwere der Erkrankung wird dieser
Rhythmus wohl weniger ausgeprägt und die Beschwerden treten während
des ganzen Tages jeweils in Ruhe auf. Müdigkeit scheint den Schlaf
nicht zu verbessern, sodass starke körperliche Anstrengung die Beschwerden
in der folgenden Nacht eher noch verschlechtern kann.
Womit kann das RLS verwechselt werden?
Ein ständiges Taubheitsgefühl, Missempfindungen oder Schmerzen
in den Beinen, die durch Bewegung nicht zu beeinflussen sind, gehören
nicht zu den typischen Symptomen des RLS. Sie sind sehr häufig ein
Zeichen für eine so genannte Polyneuropathie - eine Erkrankung der
kleinen Beinnerven -, die eine der wichtigsten Differentialdiagnosen darstellt.
Andere neurologische Erkrankungen, z.B. Bandscheibenschäden, die
ein so genanntes Wurzelreizsyndrom verursachen, können ebenso wie
Verengungen des Wirbelkanals Empfindungsstörungen hervorrufen, die
denen des RLS ähneln. Aus diesem Grunde werden die Restless Legs
Beschwerden oft als Ausdruck einer Wirbelsäulenveränderung fehl
gedeutet und nicht als RLS diagnostiziert.
In ähnlicher Weise können die Beschwerden bei Gefäßerkrankungen
mit denjenigen des RLS verwechselt werden. So treten z.B. bei arteriellen
Durchblutungsstörungen Gefühlsstörungen oder Schmerzen
in den Beinen auf. Bei Krampfadern, der Varikosis, verschwinden die auftretenden
Missempfindungen manchmal sogar bei Bewegung, oder werden geringer.Fehldiagnosen,
d.h. das RLS wird nicht als solches erkannt, entstehen u.a. auch deshalb,
weil eine der o.g. Erkrankungen zusätzlich bei dem Patienten vorliegt
und vermeintlich als alleinige Ursache der Beschwerden angesehen wird.
Da viele Menschen von Wirbelsäulen- und Gefäßerkrankungen
geplagt sind, geschieht dies leider noch viel zu häufig und nicht
selten landet ein RLS-Patient mit Krampfadern auf dem Operationstisch,
ohne dass er danach von seinen Beschwerden befreit ist.
Neben den Empfindungsstörungen können auch die bei RLS auftretenden
Muskelzuckungen zu Verwechslungen führen. Nächtliche Wadenkrämpfe,
die z.B. aufgrund von Störungen im Mineralhaushalt auftreten, müssen
von den Beinbewegungen bei RLS unterschieden werden. Auch kurz andauernde
Muskelzuckungen, die während der Einschlafphase bei vielen Menschen
vorkommen, meist jedoch den ganzen Körper betreffen, sind harmlos
und kein Zeichen für RLS. Schlafstörungen, die nicht mit einem
unangenehmen Gefühl in den Beinen bzw. einem Bewegungsdrang einhergehen,
können ganz verschiedene Ursachen haben.
Restless Legs Syndrom Was ist die Ursache?
Das Syndrom der unruhigen Beine kommt meistens ohne erkennbare
Ursache (= idiopathisch) vor, oder als Folge von verschiedenen Erkrankungen.
Fast die Hälfte der Betroffenen mit einem idiopathischen RLS berichten
über andere Familienmitglieder, die an ähnlichen Beschwerden
mit oder ohne Schlafstörungen leiden. Erkrankungen, die als Folge
ein Restless Legs Syndrom verursachen können, sind die durch Eisenmangel
verursachte Blutarmut, chronisch rheumatische Gelenksentzündungen,
besonders Nierenerkrankungen, die eine Blutwäsche (Dialyse) benötigen,
sowie in der Schwangerschaft.
Mit Restless Legs Syndrom Wie wird es behandelt ?
Der Verlauf des RLS kann großen Schwankungen in der Ausprägung
des Krankheitsbildes unterworfen sein; beschwerdefreie Zeiten wechseln
typischerweise vielfach auch zu Beginn mit stärkeren Beschwerden
über Wochen oder Monate. Falls die Beschwerden einen Patienten so
beeinträchtigen, dass er sich in seiner Lebensqualität deutlich
eingeschränkt fühlt oder durch die nächtlichen Schlafstörungen
tagsüber müde ist, sollte an eine medikamentöse Behandlung
gedacht werden. Eine Therapie des RLS sollte immer nach sorgfältiger
Abwägung und Untersuchung des Patienten individuell unter ärztlicher
Aufsicht erfolgen. Deshalb können an dieser Stelle nur einige Grundprinzipien
der Therapie aufgezeigt werden.
Bisher gibt es noch keine Behandlung, die ein RLS für immer
heilen kann. Ausnahmen gelten für sekundäre
Restless Legs Syndrome, wie bei Nierenerkrankungen, wenn die zugrunde
liegenden Erkrankungen geheilt werden können, z.B. mit einer Nierentransplantation.
Zu Beginn sollte eine Therapie des idiopathischen oder auch des durch
Nierenerkrankung bedingten RLS mit L-DOPA, einem Präparat, das ursprünglich
für die Therapie von Patienten mit der Parkinsonschen Erkrankung
entwickelt wurde, versucht werden. L-DOPA ist die Vorstufe für den
Nervenbotenstoff Dopamin. Die Einnahme kann bei Bedarf tagsüber oder
bei Einschlafstörungen ca. 1 Stunde vor dem Einschlafen erfolgen.
Es sollte zunächst mit der geringsten Dosis begonnen werden, z.B.
50 mg L-DOPA. Falls auch Durchschlafstörungen bestehen oder die Wirksamkeit
einer Einmalgabe nicht ausreicht, kann zusätzlich eine Tablette L-DOPA
mit Langzeitwirkung (z.B. Madopar Depot o.ä.) vor dem Einschlafen
verabreicht werden. Damit kann die Wirkungsdauer verlängert werden.
Durch diese medikamentöse Therapie werden sowohl die unangenehmen
Beschwerden an den Beinen als auch die periodischen Beinbewegungen reduziert
oder aufgehoben.
Eine weitere Art der Behandlung, die besonders bei schweren RLS-Beschwerden
oder bei nicht ausreichender Wirksamkeit von L-DOPA zur Anwendung gelangt,
ist die Gabe von so genannten Dopaminagonisten. Diese Substanzen (z.B.
Bromocriptin oder Pergolid) wirken ähnlich wie L-DOPA und wurden
bereits vor einigen Jahren in den USA auf ihre Wirksamkeit bei RLS getestet.
Die Nebenwirkungen dieser Substanzen bestehen vor allem in vorübergehender
Übelkeit und Unwohlsein, was durch die gleichzeitige Gabe eines weiteren
Medikamentes mit dem Wirkstoff Domperidon (Motilium) gegen Reisekrankheit
vermieden werden kann. Die Wirksamkeit der Dopaminagonisten ist ähnlich
wie bei L-DOPA, jedoch dauert es z.B. bei Pergolid länger (ca. 2
Std.), bis das Medikament zu wirken beginnt, die Wirksamkeitsdauer reicht
dann oftmals über viele Stunden.

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